NFP 66 Ressource Holz: Würdiger Programmabschluss in Bern

Dr. Martin Riediker, Präsident der Leitungsgruppe, stellt die Ergebnisse des NFP 66 vor.

"Holz ist mehr Wert" – unter diesem Motto fand am 7. November 2017 in der Berner Eventfabrik die gut besuchte Abschlussveranstaltung des NFP 66 statt.

Dr. Martin Riediker, Präsident der Leitungsgruppe, stellt die Ergebnisse des NFP 66 vor.

​"Tief beeindruckt" vom Leistungsausweis des NFP 66 zeigte sich seitens des Schweizer Nationalfonds Katharina Fromm, SNF-Vizepräsidentin und Präsidentin der Abteilung Programme. Sie hiess die grosse Gästeschar aus dem Forschungs-, Wirtschafts- und Behördenumfeld in Bern willkommen. Als Chemikerin lasse sie sich von den vielfältigen Holznutzungsoptionen, wie vom NFP 66 unter Beweis gestellt, gerne begeistern. Sie dankte allen Beteiligten - der Leitungsgruppe, den Forschenden und den Dialogpartnern – für ihr Mitwirken an diesem ausserordentlich breiten Forschungsprogramm.

"Auf dem Weg in die Green Economy hat Holz ein Riesenpotenzial. Dies zeigen die Resultate der dreissig geförderten Forschungsprojekte und die Programmsynthesen des NFP 66 eindrücklich", sagte eingangs Martin Riediker, Präsident der Leitungsgruppe des NFP 66. "Für die Inwertsetzung dieses Potenzials braucht es aber eine innovative und diversifizierte Verarbeitungsindustrie. Sonst bleibt auch in Schweizer Wäldern weiterhin viel Holz ungenutzt liegen", mahnte er in seinem Rückblick auf die über sieben Jahre strenger Programmarbeit.

Zuversichtlich stimmen ihn nicht nur die einzelnen Forschungsresultate, sondern auch die zahlreichen F+E-Partnerschaften mit der Industrie, die im Laufe des Programms entstanden sind. So seien aus dem Fundus des NFP 66 14 neue KTI-Projekte lanciert und mindestens vier Start-Ups gegründet worden. Zudem hätten sich rund 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden und Behörden an den verschiedenen Dialogveranstaltungen beteiligt; einige von ihnen seien in den Syntheseprozess eng eingebunden gewesen. Besonders wichtig war für ihn rückblickend, dass sowohl Forschungsgruppen als auch Unternehmen beteiligt werden konnten, die bislang keinerlei Affinitäten zur Ressource Holz hatten. Diese neuen Beziehungen über die traditionelle Holzforschung und Holzwirtschaft hinaus müssten unbedingt weitergepflegt werden.

Mit dem Abschlussanlass verbunden war die Veröffentlichung des Programmresümees und der vier thematischen Teilsynthesen.

Der Autor des Synthesebandes "Weiterentwicklung im Holzbau", Andrea Frangi von der ETH Zürich, sieht im Zugpferd Holzbau noch sehr viel Potenzial, sowohl material- als auch prozessseitig (Stichwort Digitalisierung). Im Hinblick auf die Siedlungsentwicklung nach innen und auch bei mehrgeschossigen Bauten erweise sich Holz sehr oft als idealer Bauwerkstoff, der mit Beton und Stahl auch preislich immer besser mithalte.

Michael Studer von der HAFL Zollikofen referierte über "Neue Wege zur holzbasierten Bioraffinerie" und mögliche Plattformen und Produkte. Für eine Grossanlage sei die Schweiz sicher zu klein, für regional vernetzte Kleinanlagen bestünden jedoch durchaus Chancen, etwa auch um das viele Laubholz stofflich zu verwerten.

Der Autor des Bandes "Neuartige holzbasierte Materialen", Ingo Burgert von der ETH Zürich, verwies auf die wichtige Rolle, die Holz in der Ablösung erdölbasierter Materialien einnehmen müsste. Die grosse Herausforderung bestünde nun darin, neue holzbasierte Materialien mit der Entwicklung geeigneter Prozesstechnologien zur Marktreife zu verhelfen. Da seien alle Beteiligten gefordert.

Philippe Thalmann von der EPFL in Lausanne bestätigte als Autor der Synthese "Holzbeschaffung und nachhaltige Holznutzung", dass das NFP 66 die ökologischen Vorteile einer intelligenten Holznutzung in vielerlei Hinsicht erhärtet hat. Eine weitere Erkenntnis sei, dass in der Waldwirtschaft Effizienzsteigerungen etwa durch grössere Bewirtschaftungsflächen möglich seien.

Wie ist das NFP 66 bezüglich der Resultate und des gesamten Prozesses aus der internationalen Perspektive zu bewerten? Diese Aussensicht lieferten Charlotte Bengtsson von der Skogforsk in Uppsala (S) und Alfred Teischinger von der BOKU Wien (A). Die beiden Mitglieder der Leitungsgruppe zeigten sie sich beeindruckt von der Qualität der Forschungsergebnisse und der gelebten Interdisziplinarität. Als "unique" bezeichneten sie den breiten Dialog mit der Industriepartnern und anderen Fachpersonen bei der Erarbeitung der Programmsynthese und der Empfehlungen. Kritischer fiel das Urteil der beiden punkto Ausstrahlung aus: Der Dialog sei stark auf die Schweiz fokussiert gewesen und das NFP 66 habe gegenüber dem europäischen Unternehmensumfeld wohl nur eine geringe Visibilität erreicht.

Die Abschlusstagung endete mit einer von Judit Solt, Chefredaktorin von TEC21, moderierten Paneldiskussion. Mit von der Partie waren BAFU-Direktor Marc Chardonnens, Umweltingenieurin Stefanie Hellweg (ETHZ), Katharina Lehmann von der Blumer-Lehmann AG, Ludwig Lehner von bwc GmbH, SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, Tobias Wolfinger von Weidmann AG, Philippe Thalmann von der EPFL und Martin Riediker seitens des NFP 66.

"Kümmert Euch nicht um den Holzpreis, das lenkt nur ab", "Betreibt keine Planwirtschaft, die Wertschöpfung verantworten die Unternehmen", "Endlich griffige CO2-Abgaben wären die beste Holzförderung", "Mehr Waldsubventionen bedeuten doch nur Strukturerhaltung", "Auch die Kaskadennutzung stösst an ihre Grenzen", "Es ist nun an der Politik die Übersetzungsarbeit zu leisten" – so oder ähnlich lauteten die Thesen aus dem grossen Rund. Trotz aller Unterschiede bei der Lösungsfindung herrschte auf dem Panel die Grundstimmung vor, dass das NFP 66 wichtige Erkenntnisse zur besseren Holzverwertung hervorgebracht hat und wichtige Schritte in Richtung der wirtschaftlichen Inwertsetzung bereits unternommen wurden. Was bleibt? Eine Reihe von Empfehlungen wie die die Schaffung eines "Kompetenzzentrums Bioraffinerie" sowie eines nationalen "Technikums für Holzinnovationen". Zudem die Forderung nach einer Schweizer Bioökonomiestrategie, in der die Ressource Holz ihren angemessen Platz einnimmt. Schliesslich die Fortführung der Dialogplattformen, der Support von KMU beim Zugang zur Forschung und vieles andere mehr. Was das nationale Netzwerk S-WIN an diese Umsetzungsarbeit beitragen kann, war Gegenstand eines Kolloquiums, das am darauffolgenden Tag auf dem Berner Gurten stattfand.