Ergebnisse der ersten Summer School des NFP 66

Bei der ersten Summer School des NFP 66 am 2. und 3. September 2013 stand das Thema Energie im Mittelpunkt: Wie kann die Ressource Holz zur Energiewende in der Schweiz beitragen? Die Teilnehmer machten sich mit den energiepolitischen Herausforderungen auf nationaler und internationaler Ebene vertraut und setzten sich in einem Rollenspiel mit den politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Kernthemen auseinander.

Im NFP 66 arbeiten über 110 Forschende aus 25 Ländern an insgesamt 30 verschiedenen Projekten. Auf einer Veranstaltung wie der Summer School können die am Programm teilnehmenden Forschenden nicht nur Kontakte vertiefen und sich untereinander vernetzen, sondern auch ihr Fachwissen und ihre Kompetenz erweitern. Hier eine Zusammenfassung der Themen des ersten Veranstaltungstags, der ganz im Zeichen der Energiefrage stand.

Energiepolitische Herausforderungen auf globaler, nationaler und lokaler Ebene

Walter Steinmann, Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE), hat die energiepolitischen Herausforderungen der Schweiz im Kontext der aktuellen nationalen Debatte über die Energiestrategie 2050 klar benannt. Diese Strategie sieht bis 2050 eine Zunahme des Anteils erneuerbarer Energien um etwa 24,2 Terawattstunden (TWh) vor, sofern Letztere den Status eines nationalen Interesses erlangen, um nicht mit anderen Schutzzielen – beispielsweise im Umwelt- und Landschaftsschutz – in Konflikt zu geraten. An einem entsprechenden Gesetzentwurf wird derzeit gearbeitet. Der Anteil der Biomasse Holz beläuft sich auf 1,2 TWh. In diesem Szenario handelt es sich dabei vor allem um Energie, die von Holzverbrennungsanlagen in Form von Wärme (Systeme zur Wärme-Kraft-Kopplung) produziert wird. Der Beitrag der Ressource Holz ist in den Szenarien des BFE somit noch marginal. Die Erforschung alternativer Technologien zur Umwandlung von Holz in Strom oder Biokraftstoff muss in der Schweiz daher weitergehen und technische Innovationen müssen sich in Pilotanlagen bewähren. Mehrere Kompetenzzentren, gerade für den Bereich der Biomasse, sind vorgesehen. Eine weitere grosse Herausforderung in den nächsten Jahrzehnten liegt in der Anpassung des Strom- und Fernwärmenetzes in der Schweiz, die sich wegen der Vervielfachung der lokalen Stromerzeuger aufdrängt.

Politische, ökologische, technische und wirtschaftliche Perspektiven

Nationalrat Eric Nussbaumer erläuterte, dass für die Überzeugung der politischen Entscheidungsträger nur wenig Spielraum vorhanden sei. Beispielsweise sei die Anhebung der CO2-Steuer politisch schwer durchzusetzen. In seinen Augen besteht die beste politische Massnahme zur Förderung der Ressource Holz derzeit darin, strengere Energiestandards für Gebäude festzulegen. Dies liesse sich vor allem im Rahmen eines nationalen Gebäuderenovierungsprogramms verwirklichen.

Aus umweltpolitischer Sicht unterstrich Katharina Serafimova vom WWF, wie sehr es bei der Planung zukünftiger Investitionen in erneuerbare Ressourcen wie Holz darauf ankomme, Nachhaltigkeitskriterien für Investitionen zu vereinbaren, die ökologischen und sozialen Risiken Rechnung tragen. Ein Leitfaden für eine nachhaltige Investitionspolitik steht als Download auf der Website des WWF zur Verfügung.

Bei Energieversorgungsunternehmen wie der BKW Energie AG haben erneuerbare Energien nur einen Anteil von 3 Prozent am Portfolio, und der Ausbau von Holzverbrennungsanlagen hat für diese Unternehmen zurzeit keine Priorität. Markus A. Meier, Leiter des Bereichs "Produkte und Dienstleistungen" bei der BKW, hält das Kosten-Nutzen-Verhältnis für ungünstig und schätzt die Investitionsrisiken noch für zu hoch ein.

Zum Abschluss gab Serge Biollaz vom Paul Scherrer Institut einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und deren Herausforderungen. Die Entwicklung neuer Technologien zur energetischen Verwertung von Holz erfordere Zeit (durchschnittlich 10 Jahre) und einen hohen Kapitaleinsatz (je nach Technologie zwischen hundert Millionen und einer Milliarde Schweizer Franken). Die Risiken seien weniger technischer Natur, sondern entstünden eher durch die Marktlage und die Rohstoffpreise. Serge Biollaz plädierte für eine umfassende Einbindung aller Akteure entlang der Holzwertschöpfungskette, um auf dem Markt für neue Technologien erfolgreicher zu sein.

Folgen für die zukünftige Holznutzung in der Schweiz

Das Referat von Herrn Hansruedi Streiff (Verband "Holzindustrie Schweiz") beleuchtete die paradoxe Situation, in der sich die schweizerische Forstwirtschaft befindet: Die Aufrechterhaltung der Funktionen des Waldes (Erholung, Schutz, Biodiversität usw.) erfordere die Aufforstung mit Laubhölzern, während auf dem Markt im Wesentlichen Nadelhölzer nachgefragt würden. In der Schweiz müsse man daher unbedingt Laubhölzer wie die Buche verwerten und ihre mögliche Nutzung in innovativen Materialien und im Bauwesen aufzeigen.

David Renggli, Projektleiter bei der Renggli AG, demonstrierte, dass Innovationen in der Schweiz möglich sind anhand eines Engineering- und Konstruktionssystems aus vorgefertigten Holzmodulen. In der Diskussion kam klar zum Ausdruck, dass bei ausreichender Verfügbarkeit von Buchenholz in der Schweiz eine Nachfrage nach Häusern vorhanden wäre, die zu 100 Prozent "made in Switzerland" sind.

Rollenspiel mit allen Teilnehmern

In einem Rollenspiel hatten alle Teilnehmer am Ende die Gelegenheit, die politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Herausforderungen kontrovers zu diskutieren. Die Teilnehmer wählten eine konkrete Rolle (als Politiker, NGO-Vertreter oder als Repräsentant von Forstwirtschaft, Behörden oder Forschung), arbeiteten in der Gruppe einen Argumentationsleitfaden aus und simulierten eine Podiumsdiskussion.

Weiteres Vorgehen

An das NFP 66 sind hohe Erwartungen geknüpft: Entscheidungsträger, Unternehmer und Holzwirtschaftsverbände erwarten von dem Forschungsprogramm, dass es neue Wege für die Verwertung der Ressource Holz aufzeigt und sowohl Investoren als auch politischen Entscheidungsträgern vor Ort Entscheidungshilfen bietet. Der Synthesebericht wird dieses Thema aufgreifen und Empfehlungen an die betroffenen Parteien enthalten. Das NFP 66 möchte diese Diskussion schon öffnen, indem es ab sofort ein Dialogfeld einrichtet, das dem Thema der Bioraffinerie in der Schweiz gewidmet ist. Für 2014 ist eine zweite Summer School geplant.